Ohne eine softwaregestützte Feinplanung ist es kaum mehr möglich, den Herausforderungen einer modernen und kundenorientierten Produktion, dem Trend zur kundenindividuellen Fertigung, volatilen Beschaffungsmärkten und nicht zuletzt dem zunehmenden Fachkräftemangel gerecht zu werden. Im folgenden Artikel möchten wir einen Überblick darüber geben, was eine moderne Feinplanungssoftware leisten muss und welche Einflussfaktoren im Feinplanungsprozess zu berücksichtigen sind.
Die Feinplanung ist ein wesentlicher Schritt im Produktionsmanagement, der die detaillierte zeitliche und ressourcenbezogene Zuordnung von Aufträgen, Maschinen und Arbeitskräften innerhalb des Produktionsprozesses plant und koordiniert. Entsprechendes Ziel einer Feinplanungssoftware ist es, die Effizienz und Produktivität zu maximieren, indem Engpässe minimiert, Durchlaufzeiten verkürzt und Produktionsziele optimiert werden. Im Rahmen der Optimierungsläufe werden Faktoren wie Kapazitätsauslastung, Material- und Personalverfügbarkeit, Maschinen- und Arbeitsplatzrestriktionen, Rüstzeiten sowie Liefertermine berücksichtigt
Aufgabe einer Feinplanungssoftware ist es, einen nach Zielkriterien optimierten und umsetzbaren Produktionsplan zu erstellen.
Feinplanungssoftware wie GANTTPLAN und Plantafeln sind zwei unterschiedliche Ansätze zur Planung und Steuerung von Produktionsprozessen. Während Feinplanungssoftware hochentwickelte computergestützte Systeme sind, die zur Erstellung detaillierter Produktionspläne komplexe Algorithmen und Optimierungstechniken verwenden, sind Plantafeln oftmals physische Tafeln oder Whiteboards, die rein zur Visualisierung und Kommunikation von Produktionsplänen verwendet werden.
Entsprechend unterscheidet sich die digitale Feinplanung wie folgt von einer einfachen Plantafel:
Sobald alle Anlagen & Maschinen und deren Verfügbarkeiten im System gepflegt sind, kann eine moderne Feinplanungssoftware die im Arbeitsplan hinterlegten Alternativmaschinen sofort in den Planungslauf einbeziehen. Dabei werden abweichende Faktoren der Alternativmaschine wie Geschwindigkeitsfaktoren (schneller oder langsamer), benötigte Qualifikationen von Bedienern, teurere Personalbindung oder generell höhere variable Kosten in den Optimierungsläufen berücksichtigt. Die Software prüft auch, ob eine Ersatzplanung überhaupt notwendig ist, z.B. bei nicht terminkritischen Aufträgen auf der ausgefallenen Maschine.
Vorteile eines Feinplanungstools für die Verwaltung von Maschinenausfällen:
Für die Personal(einsatz)planung stellt sich konkret die Frage, ob sie der Produktionsplanung vor- oder nachgelagert sein soll. Beides hat unternehmensspezifische Vor- und Nachteile. In der Praxis wird die Personal(einsatz)planung jedoch häufig der Produktionsplanung vorgelagert. Das heißt, sie ist ein Inputfaktor für die Feinplanung der Produktion, wodurch Personal als Ressource und damit als Engpass betrachtet wird.
Vier Aspekte, die bei der Implementierung der Personal(einsatz)planung in die Produktionsfeinplanung zu berücksichtigen sind:
Je nach Unternehmen und Branche spielen Fertigungshilfsmittel (FHM) im Produktionsprozess eine mehr oder weniger große Rolle. Eine besonders wichtige Kategorie unter den FHM sind die Werkzeuge. Dabei kann es sich sowohl um klassische Montagewerkzeuge handeln, die in der Industrie vielfältig eingesetzt werden, als auch z.B. um Werkzeuge im Revolver einer CNC-Maschine oder um spezielle Werkzeugsätze* in der Spritzgussfertigung.
Werden die Restriktionen eines Werkzeugs nicht adäquat abgebildet, kann dies schnell zu mangelhaften Planungsergebnissen führen. So kann es passieren, dass die einem Arbeitsplatz zugeordneten Reihenfolge- bzw. Belegungspläne nicht in der geplanten Sequenz abgearbeitet werden können, weil z.B. zugeordnete Werkzeuge bereits an anderen Maschinen oder Arbeitsplätzen gerüstet sind. Der erstellte Produktionsplan ist dann im schlimmsten Fall nicht umsetzbar.
Durch die detaillierte Pflege im Planungstool können die Einflüsse der Fertigungshilfsmittel auf den Feinplanungsprozess besonders gut abgebildet werden, so u.a. durch
* Werkzeugsätze sind Zusammenstellungen von Einzelwerkzeugen, die fertigungsspezifisch eingesetzt werden. Neben den eingesetzten Einzelwerkzeugen müssen auch die Werkzeugsätze in einem Feinplanungstool verwaltet und einsatzoptimiert werden, um z.B. rüstminimale Produktionssequenzen zu erzeugen.
Die Materialbedarfsplanung, die den Materialbedarf für die Herstellung oder den Verkauf von Produkten ermittelt, hat einen enormen Einfluss auf die Feinplanung. Ein so genanntes MRP-System (Material-Requirements-Planning) berechnet den Materialbedarf auf der Grundlage des aktuellen Lagerbestands und des prognostizierten Bedarfs aus der Produktionsplanung (Aufträge), den Absatzprognosen und den Lieferzeiten. Ausgehend vom Bedarfstermin (z.B. dem bestätigten Liefertermin) wird der spätestmögliche Bestell- bzw. Produktionstermin ermittelt.
Der Materialbedarfsplanungslauf analysiert alle benötigten Materialmengen, stellt Verknüpfungen zu Stücklisten und Bestandsdaten her und generiert auftragsrelevante Bestellvorschläge bzw. Fertigungsaufträge, die auf Wunsch automatisiert abgewickelt werden können. Ein modernes Feinplanungswerkzeug sollte zudem die Bildung komplexer Auftragsnetze aus Fremdbeschaffung und Eigenfertigung abbilden können.
Die Integration des Materialbedarfsplanungslaufs (MRP-Lauf) in den Feinplanungsprozess kann sehr unterschiedlich aussehen:
Im Feinplanungslauf werden die ermittelten Produktionsvorschläge zu Fertigungsaufträgen umgewandelt und bestenfalls nach definierten Zielkriterien priorisiert. Dies kann sowohl im Feinplanungstool als auch im ERP-System erfolgen.
Im Sinne der Feinplanung hat die Materialbedarfsplanung somit das Ziel, einen optimierten und realisierbaren Belegungsplan für die Produktion zu ermöglichen.
In Projekten zur Einführung von Feinplanungslösungen nimmt die Validierung der Materialbedarfsplanung erfahrungsgemäß einen großen Raum ein und ist für den erfolgreichen Einsatz einer solchen Software von großer Bedeutung.
„Fasse alle Arbeitsgänge so zusammen, dass die gleichen Materialien mit möglichst wenigen Rüstvorgängen auf den vorhandenen Maschinen hergestellt werden können!“ So hilfreich diese Möglichkeit dem einen oder anderen bereits erscheinen mag, handelt es sich dabei noch lange nicht um eine Rüstoptimierung, sondern bestenfalls um eine Art Rüstaufwandsminimierung. Für eine rüstoptimale Reihenfolgeplanung müssen zusätzliche Kriterien in die Betrachtung einfließen, wie z.B. die Berücksichtigung
Ziel der Rüstoptimierung ist es also, eine gesamtoptimale und abgestimmte Produktionssequenzierung über alle Fertigungsbereiche hinweg zu erreichen. Dabei ist es in den seltensten Fällen ratsam, den gesamten Produktionsplan rein auf die Optimierung von Rüstprozessen auszurichten. Zu empfehlen ist die Anwendung von Zielkriterien und die Kombination bzw. Gewichtung dieser, um etwa Termin-, Personalkosten-, Fertigungskosten-, Kapitalbindungskosten-, Kapazitäts-, und/oder Durchlaufzeitrestriktionen zusätzlich in den Planungslauf zu integrieren.
Da eine Feinplanungssoftware keine vom betrieblichen Kontext entkoppelte Insellösung darstellt, sind Schnittstellen ein zentrales Thema. Von wesentlicher Bedeutung ist die Verbindung mit dem vorgelagerten ERP-System, um den bidirektionalen Austausch von planungsrelevanten Stamm- und Bewegungsdaten, wie Fertigungsaufträge, Arbeitspläne, Stücklisten, Bestellungen oder Bestandsinformationen zu gewährleisten.
Um die in der Feinplanung erstellten Produktionspläne einem echtzeitnahen Realitätscheck aus dem Shopfloor zu unterziehen, bieten sich zudem auch Schnittstellen zur Betriebsdatenerfassung (BDE) bzw. Maschinendatenerfassung (MDE) an. Diese umfassen u.a. Rückmeldungen über Arbeitsfortschritte, ungeplante Störungen, geplante Wartungsarbeiten sowie Personal- und Materialverfügbarkeiten.
Zusammenfassend kann gesagt werden, dass Feinplanungslösungen auf zwei zentralen schnittstellenrelevanten Datensäulen stehen:
Je nach Erwartungen an die Ergebnisse des Feinplanungsprozesses und abhängig von den eigenen betrieblichen Gegebenheiten, können Schnittstellen zu und aus dem Feinplanungstool sehr unterschiedlich gestaltet werden, etwa in Form von
Anders als bei rein manuellen Systemen bekommt der Nutzer einer Feinplanungssoftware einen automatisch vorgefertigten Plan. Die Qualität der Pläne ist dabei insbesondere davon abhängig, wie viele Regeln im System hinterlegt wurden. Sind alle Regeln hinterlegt, ist die Planqualität 100% und der Produktionsplan kann so 1:1 übernommen und in die Fertigung übergeben werden. Die Planungsrealität sieht jedoch anders aus und eine Planqualität von 100% ist schwer zu erreichen. Erfahrungsgemäß spricht man bei einer Planqualität von 95%, was im Umkehrschluss einen manuellen Anpassungsaufwand von fünf Prozent bedeutet, von einem sehr guten Plan und einer realistischen Zielgröße bei der Einführung einer Feinplanungssoftware. Denn bereits diese fünf Prozent manueller Anpassungsaufwand sind zeitintensiv und bedürfen einer gewissen Erfahrung der Planerinnen und Planer. Die eingesparte Zeit können Planerinnen und Planern dafür aufwenden, bei Problemen in der Fertigung ad-hoc reagieren und Plananpassungen vornehmen zu können.
Die notwendigen manuellen Eingriffe können dabei am PC oder mobilen Endgeräten durch Drag & Drop der Aufträge direkt im Leitstand angepasst werden. Anders als bei der optimierten automatischen Planung, kann bei manuellen Eingriffen auch ohne bestimmte Restriktionen gearbeitet werden. Diese Option sollte aber sehr bewusst und aktiv (aus)gewählt werden, da das Risiko besteht, dass Aufträge verplant werden, obwohl bspw. Personale, Materialien oder Werkzeuge nicht verfügbar sind.
Durch immer komplexere Fertigungsprozesse und den Trend zur kundenindividuellen Fertigung wird die Produktionsplanung in vielen Unternehmen immer unübersichtlicher. Können einzelne Fertigungsaufträge noch gut überblickt werden, ist die schiere Menge und Komplexität ohne Software nicht mehr zu überblicken, geschweige denn zu steuern. Entsprechend richtet eine moderne digitale Feinplanung den Blick auf die zu planende (nahe) Zukunft. Und zwar aus der Perspektive des Hier und Jetzt. Dazu werden neben den eigentlichen Planungsfunktionalitäten auch vielfältige, individuell anpassbare Visualisierungs-, Reporting- und Dashboard-Funktionalitäten zur Verfügung gestellt. Dabei gibt es vielfältige Möglichkeiten, wovon wir zwei kurz näher vorstellen möchten:
In der agilen und dynamischen Welt der digitalen Feinplanung ist es wichtig, dass eine Software nicht nur funktional, sondern auch optisch ansprechend und intuitiv bedienbar ist. Eine moderne Benutzeroberfläche mit flachen Hierarchien, Drag-and-Drop-Funktionen und einer klaren Darstellung der komplexen Planungsprozesse erleichtert die Einarbeitung und motiviert die Anwender zur aktiven Nutzung der Software.
Im Vergleich zu Desktop-Anwendungen ermöglichen Web-Anwendungen in der Produktions(fein)planung eine schnellere Anzeige, eine einfachere Navigation sowie die Online-Betrachtung des Leitstandes an jedem beliebigen mobilen Endgerät. Grafische Reports direkt im Leitstand sind per Mouseover einfach einsehbar. So sind Auslastung und Engpässe schnell erkennbar.
Der Einsatz einer Web-Applikation mit serviceorientierter Architektur bringt alle Beteiligten auf den gleichen, aktuellen Informationsstand. Die Planungsverantwortlichen erhalten somit nicht nur eine Arbeitserleichterung durch digitalisierte und automatisierte Prozesse, sondern auch eine höhere Transparenz. Mehrere Mitarbeitende können sich so ohne Zeitverzögerung zu Reaktionen auf geänderte Rahmenbedingungen austauschen. Eine robustere vorausschauende Planung ist so viel besser möglich. Echtes kollaboratives Arbeiten zieht damit auch in der Produktionsplanung ein.
Moderne Feinplanungssoftware sollte zudem umfassende Konfigurationsmöglichkeiten bieten, um sie an die individuellen Bedürfnisse des Unternehmens anzupassen. Dazu gehört die Einrichtung einer detaillierten Nutzerverwaltung, die Definition von Schnittstellen zu anderen Systemen, die Anpassung des Planungsverhaltens an die spezifischen Prozesse des Unternehmens und die Möglichkeit, individuelle Dashboards und Berichte zu erstellen.
Abschließend lässt sich festhalten, dass eine Feinplanungssoftware eine entscheidende Rolle für Unternehmen spielen. Sie ermöglicht eine effiziente Ressourcenallokation, verbessern die Planungsgenauigkeit und tragen zur Steigerung der Produktivität bei. Durch die Automatisierung von Prozessen und die Integration verschiedener Funktionen können Unternehmen ihre Produktionsabläufe optimieren und wettbewerbsfähig bleiben. Es ist jedoch wichtig, die Bedürfnisse und Anforderungen des Unternehmens sorgfältig zu analysieren und die passende Softwarelösung auszuwählen, um die bestmöglichen Ergebnisse zu erzielen.