Autor: Jürgen Lorenz
Günther S. sitzt auf einer Insel: er leitet dort die Fertigung von Werkzeugteilen. Seine Welt ist durchdacht und dreht sich kontinuierlich weiter. Sein Kollege Hans M. lebt auf einer anderen Insel: er ist zuständig für den Materialfluss. Auch hier sitzt seit Jahren jeder Handgriff und funktioniert nach dem gleichen Prinzip. Nur die Wege zwischen den Inseln sind zu lang und es passieren zu viele Fehler – daher sollen sie jetzt zu einer Oase verschmelzen. Ein Logistik-Masterplan muss her.
Die gesamte Industriewelt dreht sich um Vernetzung. Dennoch werden Bereiche wie z.B. Produktion und Materialfluss oft deutlich voneinander getrennt gehandhabt. Gerade bei Unternehmen mit langer Historie haben die Segmente in der Regel eine unterschiedliche Entstehungsgeschichte und autark ihre Entwicklung genommen. Sie leben nebeneinander her, funktionieren für sich betrachtet gut, spielen aber nicht optimal zusammen. Lange Wege, Fehler, Informationsverluste und vieles mehr gehören dann zum Tagesgeschäft.
Vergrößert sich ein solches Unternehmen physisch, stellt sich strategisch neu auf, fusioniert oder möchte sich beispielsweise für die Industrie 4.0 rüsten, so stößt es in der Regel an Grenzen. Bei derartigen Veränderungsprozessen empfiehlt es sich, alle Bereiche entlang der Supply Chain ganzheitlich aufzustellen. Ganz gleich, aus welcher Motivation heraus dieser Bedarf resultiert, zu Beginn muss eine methodische Prozessanalyse stehen: der Logistik-Masterplan. Nur so kann aus einer heterogenen Struktur eine homogene werden.
Der Logistik-Masterplan fördert zu Tage, was oftmals jahrelang im Verborgenen lag: Flaschenhälse, die Prozesse verlangsamen, oder Umsatzblocker wie umständliche Waren- und Informationsflüsse und vieles mehr. Auch fallen in erster Linie Inseln von Geschäftsvorfällen auf, die bis dato nicht transparent waren, da sie beispielsweise im ERP nicht abgebildet oder anderweitig erfasst waren. Darüber hinaus wird ersichtlich, wenn Software, die eigentlich zur Effizienz beitragen soll, nicht richtig genutzt und damit ad absurdum geführt wird.
Der Logistik-Masterplan bringt zusammen, was zusammen gehört: heterogene Einzelprozesse und unübersichtliche Strukturen werden analysiert und zu einer effizienten Einheit verschmolzen. Dabei werden unter neutraler Betrachtungsweise dokumentierte und undokumentierte Prozesse ebenso unter die Lupe genommen wie beispielsweise Lager-, Wareneingangs- und -ausgangsabteilungen.
Mit der Bestandsaufnahme geht auch die Visualisierung der Prozesse einher. Ob in der Analyse- oder Planungsphase, 3D-Simulationsplattformen können Schwachstellen aufzeigen und ermöglichen eine detaillierte Vorschau künftiger Abläufe inklusive aller damit einhergehenden Parameter und Ressourcen. Sie erleichtern zudem die Einarbeitung neuer Mitarbeiter und machen bestehendes Personal mit neuen Prozessen vertraut.
Bewährte Verfahrensweisen, Best-Practice-Ansätze, Standards, aber auch individuelle Lösungen treten an die Stelle der bisherigen Prozesse. Auch wird ein einheitliches Verständnis zwischen IT- und Fachabteilungen, die oftmals eine unterschiedliche Sprache sprechen, gefördert.
Ist die Analyse durchgeführt und der Masterplan erstellt, können Maßnahmen abgeleitet und sukzessive umgesetzt werden. Unterstützend fungieren in der Planung und im Betrieb neben 3D-Simulationsplattformen auch Feinplanungstools wie APS (Advanced Planning and Scheduling). Diese Planungssysteme sind integraler Bestandteil der digitalen Vernetzung von Produktions- und Managementebene. Das APS trägt damit zur Optimierung von Geschäfts- und Produktionsprozessen in den smarten Fabriken bei. Fertigungsaufträge, die Ressourcen und Kapazitäten sowie Termin- und Kostenfaktoren können so optimal ins Verhältnis gestellt und geplant werden.
Mit dem Logistik-Masterplan sowie Simulations- sowie Planungstools ergeben sich hohe Transparenz, Planungssicherheit und Effizienz für eine vernetzte Fabrik, die nicht reif für die Insel ist.